Ðåëèãèÿ Ãåðìàíèè
Ðåëèãèÿ Ãåðìàíèè
Religion und Kirchen
Religion und Denken gehören zusammen, denn sie haben
denselben Inhalt. Wie die Religion, so will auch das
wahre Denken die Bestimmung des Menschen in seinem
Verhältnis zum gesamten Sein und dessen geheimnisvoller
letzter Einheit begreifen.
Albert Schweizer, 1875-1965 Theologe, Arzt und Philosoph
»Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen
und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte
Religionsausübung wird gewährleistet.« Diese Bestimmung des Grundgesetzes
(Artikel 4) empfindet jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland als
selbstverständliches Grundrecht.
1.Die Verteilung der Konfessionen.
Etwa 85% der Bevölkerung bekennen sich zu einer der beiden christlichen
Konfessionen, und zwar ziemlich genau je die Hälfte zur römisch-
katholischen und zur evangelischen Konfession; eine kleine Minderheit
gehört anderen christlichen Gemeinschaften an. Der evangelische Volksteil
überwiegt im Norden, der katholische im Süden der Bundesrepublik. Rheinland-
Pfalz, das Saarland und Bayern sind mehrheitlich katholisch, in Baden-
Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind beide Konfessionen etwa gleich
stark, in den übrigen Bundesländern überwiegen die Evangelischen.
2.Historischer Hintergrund.
Die heutige Verteilung der christlichen Konfessionen stammt aus dem
Zeitalter der Reformation, und dort liegen auch die Wurzeln des besonderen
deutschen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche. Nach jahrzehntelangen
Kämpfen wurde im Augsburger Religionsfrieden (1555) der Grundsatz »cuius
regio, eius religio« (wessen Gebiet, dessen Religion) festgelegt: Der
Landesherr erhielt das Recht, die Konfession seiner Untertanen zu
bestimmen. Der Westfälische Friede (1648) schränkte dieses Recht ein;
fortan durften die Untertanen bei ihrem alten Glauben bleiben, wenn der
Landesherr die Konfession wechselte, wie z.B. der Kurfürst von Sachsen
1697. Die enge Bindung zwischen Staat und Kirche - die u. a. darin zum
Ausdruck kam, daß die evangelischen Fürsten zugleich die obersten Bischöfe
ihrer Länder waren - wurde dadurch jedoch nicht aufgehoben. Sie begann sich
erst im 19. Jahrhundert zu lockern. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919
vollzog die Trennung von Staat und Kirche, ohne jedoch die historischen
Bindungen restlos zu beseitigen. Die damit geschaffene Rechtslage besteht
im wesentlichen noch heute, denn das Grundgesetz hat die betreffenden
Bestimmungen der Weimarer Verfassung im Wortlaut übernommen.
3.Kirche und Staat.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Staatskirche. Der Staat
steht den Religionen und Weltanschauungen neutral gegenüber. Die Kirchen
sind jedoch keine privaten Vereinigungen, sondern öffentlich-rechtliche
Körperschaften besonderer Art, die in einem partnerschaftlichen Verhältnis
zum Staat stehen.
Das Verhältnis der Kirchen zum Staat ist außer durch die Verfassung durch
Konkordate und Verträge geregelt. Zur Wahrnehmung ihrer Interessen
gegenüber Bundesregierung und Parlament unterhalten sie Bevollmächtigte in
Bonn. Die Vermögensrechte der Kirchen sind garantiert. Sie haben Anspruch
auf finanzielle Leistungen des Staates; dieser zahlt z. B. Zuschüsse zur
Besoldung der Geistlichen und übernimmt ganz oder teilweise die Kosten für
bestimmte kirchliche Einrichtungen, z.B. Kindergärten, Krankenhäuser und
Schulen. Die Kirchen haben das Recht, von ihren Mitgliedern Steuern zu
erheben, die in der Regel von staatlichen Behörden gegen Erstattung der
Erhebungskosten eingezogen werden. Der Austritt aus einer Kirche erfolgt
durch Erklärung vor einer staatlichen Behörde. Der geistliche Nachwuchs
erhält seine Ausbildung größtenteils an den staatlichen Universitäten; die
Kirchen haben einen verbrieften Einfluß auf die Besetzung der theologischen
Lehrstühle.
Diese weitgehenden Rechte der Religionsgemeinschaften und die nach wie vor
engen Bindungen an den Staat sind nicht unumstritten. Trotz gelegentlicher
Kritik bedeutet jedoch schon allein die Tätigkeit der Kirchen bei der
Unterhaltung von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen der
Beratung und Betreuung, Schulen und Ausbildungsstätten ein kaum ersetzbares
karitatives und soziales Engagement, das aus dem öffentlichen Leben nicht
mehr wegzudenken ist.
4.Die evangelische Kirche.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist ein Bund von 17
weitgehend selbständigen lutherischen, reformierten und unierten
Landeskirchen. Die Grenzen der Kirchengebiete überschneiden sich zum Teil
mit denen der Bundesländer. Oberstes Gesetzgebungsorgan ist die Synode,
oberstes Leitungsorgan der Rat der EKD. Am Sitz der Bundesregierung ist die
EKD durch einen Bevollmächtigten vertreten.
Von den 17 Landeskirchen sind 7 lutherisch: Bayern, Braunschweig,
Hannover, die Nordeibische Kirche, Oldenburg, Schaumburg-Lippe,
Württemberg; 2 reformiert: Lippe, Nordwestdeutschland; 8 uniert: Baden,
Berlin (West), Bremen, Hessen und Nassau, Kurhessen-Waldeck, Pfalz,
Rheinland, Westfalen. Als »reformiert« bezeichnet man eine Kirche, die auf
das Bekenntnis Calvins zurückgeht, als »uniert« eine Kirche, die auf einem
Zusammenschluß von Reformierten und Lutheranern beruht.
Die lutherischen Landeskirchen mit Ausnahme von Oldenburg und Württemberg
sind in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands
(VELKD) zusammengefaßt. Zur Evangelischen Kirche der Union (EKU) gehören
die unierten Kirchen in Berlin (West), Rheinland und Westfalen. Die
»Arnoldshainer Konferenz« ist eine Arbeitsgemeinschaft der unierten
Landeskirchen, der beiden reformierten Landeskirchen und der lutherischen
Kirche in Oldenburg.
Die EKD pflegt enge Kontakte mit dem Bund der Evangelischen Kirchen in der
DDR. Im Bewußtsein ihrer gemeinsamen Verantwortung richten beide Kirchen in
Lebensfragen gemeinsame Worte an die Öffentlichkeit in beiden deutschen
Staaten.
Die evangelischen Kirchen in der Bundesrepublik gehören dem Ökumenischen
Rat der Kirchen (Weltkirchenrat) an. Mit der römisch-katholischen Kirche
besteht eine enge Zusammenarbeit. Die ökumenische Bewegung, an der die EKD
starken Anteil nimmt, wächst immer mehr über das Institutionelle hinaus und
wird zur Sache der einzelnen Christen. In vielen evangelischen und
katholischen Gemeinden haben sich ökumenische Arbeitskreise gebildet.
Die Landeskirchen der EKD beteiligen sich - ihrer konfessionellen Prägung
entsprechend - auch an der Arbeit des Lutherischen Weltbundes oder des
Reformierten Weltbundes.
5.Die katholische Kirche.
In der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) bestehen
fünf Kirchenprovinzen der römisch-katholischen Kirche. Sie umfassen 22
Bistümer, davon 5 Erzbistümer:
-das Erzbistum Köln mit den Bistümern Aachen, Essen, Limburg, Münster,
Osnabrück, Trier;
-das Erzbistum Paderborn mit den Bistümern Fulda und Hildesheim;
-das Erzbistum München-Freising mit den Bistümern Augsburg, Passau und
Regensburg;
-das Erzbistum Bamberg mit den Bistümern Eichstätt, Speyer und Würzburg;
-das Erzbistum Freiburg mit den Bistümern Mainz und Rottenburg-Stuttgart.
Berlin (West) ist Teil des Bistums Berlin.
Diese Einteilung der Diözesen stammt im wesentlichen aus dem 19.
Jahrhundert; einige Bistümer wurden erst im 20. Jahrhundert errichtet. Die
Erzbischöfe und Bischöfe der Bundesrepublik beraten gemeinsame Fragen in
der Deutschen Bischofskonferenz mit Sekretariat in Bonn. Die Impulse, die
das II. Vatikanische Konzil für die Mitwirkung der katholischen Laien in
der Kirche und an den Aufgaben der Kirche gegeben hat, werden von gewählten
Vertretungen der Laien in die Tat umgesetzt. Die Besuche von Papst Johannes
Paul II. 1980 und 1987 in der Bundesrepublik haben der ökumenischen
Bewegung und dem Dialog zwischen Kirche und Staat starke Anstöße gegeben.
6.Kleinere Religionsgemeinschaften
. Zu den kleineren Religionsgemeinschaften gehören insbesondere die
sogenannten Freikirchen, d.h. Kirchen, für die ihr Charakter als
»Freiwilligkeitskirche« im Gegensatz zur Volkskirche bestimmend ist. Die
Mitgliedschaft gründet sich auf eigene Entscheidung, nicht auf die
Kindertaufe.
Zwei der größten evangelischen Freikirchen, die Methodisten und die
Evangelische Gemeinschaft, haben sich im Jahre 1968 zur Evangelisch-
methodistischen Kirche zusammengeschlossen. Daneben gibt es den Bund
Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten). Die altkatholische
Kirche entstand als Abspaltung von der römisch-katholischen Kirche in den
1870er Jahren nach dem l. Vatikanischen Konzil. Die Mennonitengemeinden,
die Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) und die Heilsarmee besitzen
durch ihre soziale Aktivität ein nicht unbeträchtliches Gewicht.
Im Deutschen Reich wohnten 1933 etwa 530000 Juden. Heute, nach der
nationalsozialistischen Verfolgungs- und Ausrottungspolitik, gibt es 65
jüdische Gemeinden mit 28000 Mitgliedern, deren größte die in Berlin (West)
mit 6000 und Frankfurt a. M. mit knapp 5000 Mitgliedern sind. In der
Bundesrepublik leben darüber hinaus etwa 15000 Juden, die nicht Mitglieder
der jüdischen Gemeinden sind. Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden
ist der Zentralrat der Juden in Deutschland. 1979 wurde in Heidelberg eine
Hochschule für jüdische Studien gegründet, die inzwischen internationale
Anerkennung gefunden hat.
Durch die Anwesenheit der zahlreichen ausländischen Arbeiter und ihrer
Angehörigen haben Religionsgemeinschaften, die früher in Deutschland kaum
vertreten waren, stark an Bedeutung gewonnen. Das gilt für die griechisch-
orthodoxe Kirche und besonders für den Islam. Heute leben in der
Bundesrepublik mehr als 1,8 Millionen Moslems, zumeist Türken.
7.Gemeinsames Handeln.
In den Jahren 1933-1945 haben viele evangelische und katholische Christen
tapfer gegen die Hitler-Diktatur
gekämpft. Stellvertretend seien hier Pastor Martin Niemöller und Bischof
Clemens August Graf von Galen genannt. Die Zusammenarbeit in diesem Kampf
hat das Verständnis füreinander gestärkt und die gemeinsame politische
Verantwortung deutlich gemacht. Aufgrund dieser Erfahrungen wird heute von
den Kirchen in hohem Maß öffentliche Verantwortung wahrgenommen, auch durch
Denkschriften und andere Formen publizistischer Tätigkeit.
Auf vielfältige Weise wenden sich die Konfessionen an die Öffentlichkeit.
Besonders zu nennen sind hier die beiden Laienbewe-gungen, der Deutsche
Katholikentag (seit 1848) und der Deutsche Evangelische Kirchentag (neu
seit 1949). Die karitative Arbeit der Kirchen leistet auf katholischer
Seite der Deutsche Caritasverband, auf evangelischer das Diakonische Werk.
Seit dem Wiederaufbau im Inneren haben sich beide Kirchen in der
Entwicklungshilfe stark engagiert. Es entstanden große kirchliche
Hilfswerke, die aus freiwilligen Spenden der Gläubigen finanziert werden.
So sammelten die evangelische Aktion »Brot für die Welt« und das
katholische Werk »Misereor« Milliardenbeträge für die Linderung akuter
Notfälle und die Verbesserung der Lebensverhältnisse, vor allem für die
Förderung langfristiger Entwicklungsmaßnahmen und die Hilfe zur
Selbsthilfe.
In jüngster Zeit haben sich die christlichen Kirchen - auch durch
offizielle Stellungnahmen - in den Diskussionen über Frieden und Abrüstung,
Ausländer- und Asylpolitik, Arbeitsmarktpolitik und Umweltschutz zu Wort
8.Antisemitismus
Als größte nichtchristliche Religionsgemeinschaft in Deutschland wurden die
Juden zu einem Hauptangriffsziel nazisti-scher Politik. Barbarischer
Antisemitismus wurde zur gewaltsam durchgesetzten Staatsdoktrin
(politischer Grundsatz) und gipfelte in der massenweisen Vertreibung und
Ausrottung von Juden. Die deutsche Bevölkerung bezog dagegen im großen und
ganzen keine Opposition.
Ab 1935 galten für Juden in Deutschland folgende Verbote Verboten war den
Juden u.a.:
• Benutzung von Kraftwagen
• Benutzung von Leihbüchereien
• Benutzung öffentlicher Badeanstalten
• Benutzung öffentlicher Fernsprecher
• Benutzung von Fahrkartenautomaten
• Benutzung von Parkbänken, die nicht gelb gestrichen waren
• Benutzung von Straßenbahnen, Omnibussen (nur mit Fahrerlaubnis)
• Benutzung von Sitzplätzen in öffentlichen Verkehrsmitteln
• Ausübung von freien und vielen anderen Berufen
• Beschäftigung nichtjüdischer Hausangestellter
• Bestellung von Sachverständigen
• Besuch von Gaststätten
• Betreten bestimmter Straßen in den Städten
• Betreten von Bahnhöfen, Wartesälen
• Betreten von Wäldern
• Bezug von Fleisch, Fisch und anderen Lebensmitteln
• Einzelbeschäftigung von Arbeitern
• Empfang von Gratifikationen und Ruhegehältern
• Empfang von Kontrollkarten für Auslandsbriefverkehr
• Führung von Künstlernamen
• Halten von Brieftauben und Haustieren
• Mitgliedschaft in Privatversicherungen
• Tragen von Orden und Abzeichen aller Art
• Verlassen der Wohngemeinde (außer mit besonderen Genehmigungen)
• Verlassen der Wohnungen (nachts)
• Verfügung über bewegliches Eigentum und sonstiges
.
Nach 1945 suchte die evangelische Kirche einen neuen Anfang. Es ging um das
Ausmaß der Erneuerung der Kirche. Ein besonders brisanter Punkt der
innerhalb der Kirchen geführten Auseinandersetzungen war die Frage nach der
kirchlichen Mitschuld an der nationalsozialistischen Diktatur. Ein
prominenter Vertreter der Bekennenden Kirche, Pastor Martin Niemöller (1892-
1984), erklärte dazu im August 1945:
»Unsere heutige Situation ist aber auch nicht in erster Linie die Schuld
unseres Volkes und der Nazis. Wie hätten sie den Weg gehen sollen, den sie
nicht kannten? Sie hatten doch einfach geglaubt, auf dem rechten Weg zu
sein! - Nein, die eigentliche Schuld liegt auf der Kirche; denn sie allein
wußte, daß der eingeschlagene Weg ins Verderben führte, und sie hat unser
Volk nicht gewarnt.«
9.Kirche in Deutschland nach 1945 -Aufbruch wohin?
Die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und die Entstehung von
unterschiedlichen gesellschaftlichen Ordnungen in beiden deutschen Staaten
beeinflußten auch diekirchliche Entwicklung. Zu drängenden Problemen, die
sich zudem in der Bundesrepublik Deutschland wie der Deutschen
Demokratischen Republik differenziert stellten, ergriffen Christen
unterschiedliche Positionen.
Drei große Komplexe zeigten sich dabei immer wieder:
• die Verantwortung der Kirchen für die Entwicklungen unter der
Naziherrschaft, besonders das Versagen in der Judenfrage,
• die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands,
• die atomare Kriegsgefahr und die Aufrüstung Deutschlands.
10.Säkularisierung: werden es wirklich immer weniger?
Umfragen zur
Religion:
Seit 1980 wurden mehrere Studien erarbeitet, die sich mit der
gesellschaftlichen Bedeutung von Religion beschäftigen. In elf europäischen
Ländern und den USA wurde 1981/82 eine große Umfrage durchgeführt. Sie
hatte zum Ziel, die Werte zu ermitteln, die gesellschaftliche Bedeutung
besitzen. In anderen Umfragen wurde dem Zusammenhang von religiöser
Überzeugung und Einstellung zu gesellschaftlichen Problemen nachgegangen.
Einige beachtenswerte Ergebnisse finden sich auf den folgenden Seiten.
Im Frühjahr 1987 veröffentlichte das Demoskopische Institut in Allensbach
einen auf die BRD bezogenen Auswertungsbericht. Für das Gebiet der
ehemaligen DDR lagen solche detaillierten und aktuellen Untersuchungen
bisher öffentlich nicht vor.
Als Ergebnisse wurden u. a. ermittelt: deutliche
Überalterung der Gottesdienstbesucher; Religiosität und
Kirchlichkeit sind bei Frauen wie Männern im Rückgang;
Frauen sind stärker religiös eingestellt und auch der
Kirche näher als dies bei Männern der Fall ist; die
Jüngeren sind weniger religiös als die Älteren, die
Berufstätigen weniger als die Nichtberufstätigen.
Kirchliches
Leben
Von Bedeutung für die Intensität kirchlichen Lebens ist die Größe der
Stadt. Der Anteil der Besucher von Gottesdiensten, derjenigen, die beten
und derjenigen, die an ein Weiterleben nach dem Tode glauben, sinkt
deutlich mit zunehmender Einwohnerzahl einer Stadt. Je größer die
Einwohnerzahl, um so niedriger der Anteil der religiös eingestellten bzw.
kirchlich gebundenen Bevölkerung.
Säkularisierung: Werden es wirklich immer weniger?
|Frage: »Welche von den Aussagen hier kommt Ihren |
|Überzeugungen am nächsten?« (Vorlage einer Liste) |
| |Personen, die an Gott |Es sind |
| |glauben, begreifen ihn|ohne |
| |als |faßbaren |
| | |Gottesbeg|
| | |riff |
| |leibhaftige|eine | |
| |n Gott |geistige | |
| | |Macht | |
| |% |% |% |
|USA |69 |25 |5 |
|Europa |40 |41 |15 |
|Bundesrepublik |38 |48 |14 |
|Deutschland | | | |
|Schweden |34 |47 |16 |
|Dänemark |39 |32 |19 |
|Großbritannien |40 |42 |15 |
|Republik Irland |77 |15 |5 |
|Holland |52 |30 |14 |
|Belgien |50 |27 |17 |
|Frankreich |39 |31 |25 |
|Spanien Italien |62 |23 |12 |
| |31 |55 |9 |
Aussagen auf der Liste:
(1) Es gibt einen leibhaftigen Gott.
(2) Es gibt eine geistige Macht.
(3) Ich weiß nicht richtig, was ich glauben soll.
(4) Ich glaube nicht, daß es einen Gott oder irgendeine geistige Macht
gibt.
(Quelle: Internationale 'wertestudie 1981/82)
Solche Zusammenhänge lassen sich bis 1990 auch für die Entwicklung
hinsichtlich Religiosität und Kirchlichkeit auf dem Gebiet der ehemaligen
DDR nachweisen. Bei aller Übereinstimmung sind besonders zwei Unterschiede
wichtig: die Säkularisierung ist im Osten Deutschlands erheblich großer
.Außer- dem ist hier der Protestantismus die eindeutig vorherrschende
Konfession. Ende der 80er Jahre waren über 85 Prozent aller
Kirchenmitglieder protestantisch, zwölf Prozent katholisch und etwa ein
Prozent gehörte zu einer der etwa 30 kleineren Religionsgemeinschaften.
Die Altersstruktur von Kirchennahen und Kirchenfernen
| |1953 |
| |Insges|Katholiken |Protestanten |
| |amt | | |
| |% |kirche|kirche|kirche|kirchen|
| | |nnah |nfern |nnah |fern |
| | |% |% |% |% |
|18-24 Jahre|14 |16 |15 |12 |17 |
| |10 |8 |10 |9 |13 |
|25-29 Jahre|29 |25 |35 |26 |31 |
| |28 |30 |29 |28 |25 |
|30-44 Jahre|19 |21 |11 |25 |14 |
| | | | | | |
|45-59 Jahre| | | | | |
| | | | | | |
|60 Jahre | | | | | |
|und älter | | | | | |
| |100 |100 |100 |100 |100 |
| |1979 |
| |Insges|Katholiken |Protestanten|
| |amt | | |
| |% |kirche|kirche|kirche|kirch|
| | |nnah %|nfern |nnah |enfer|
| | | |% |% |n % |
|18-24 Jahre |13 | 8 | 16 | 9 | 17 |
|25-29 Jahre |10 |4 |14 |4 |10 |
|30-44 Jahre |29 |16 |29 |20 |35 |
|45-59 Jahre |22 |27 |23 |22 |20 |
|60 Jahre und|26 |45 |18 |45 |18 |
|älter | | | | | |
| |100 |100 |100 |100 |100 |
1953 ohne Saarland und West-Berlin (Quelle: Allensbacher Archiv, lfD-
Umfragen 225, 1287)
11.Andere Jugendinteressen:
Zunehmend wichtiger wird es, das Interesse, insbesondere bei jüngeren
Menschen an Astrologie, Parapsychologie, Hellsehen u. a. wahrzunehmen. Es
wird ein Zusammenhang vermutet zwischen rückläufiger traditioneller
Religiosität und der Hinwendung zu diesen Praktiken. Die Ergebnisse der
Shell-Studie lassen erkennen, daß für zunehmend mehr Jugendliche die
Konfessionszugehörigkeit belanglos wird. Erkennbar wird eine erhebliche
Distanz zur Kirche. Jeder zweite der 15- bis 24jähri-gen zeigte aber eine
aktive Bereitschaft für eine »religiöse, transnaturale Dimension« seines
Lebens.
Auch wenn traditionelle Kirchen und konfessionelle Bindungen abnehmen, wird
dennoch die Hälfte der Jugendlichen von religiösen Fragen bewegt. Sie
wählen aber weder den Weg in die Kirchen, noch strömen sie in hellen
Scharen zu den Jugendreligionen.
Das Auflösen kirchlicher Bindungen und der Verzicht auf kirchliche
Leistungen gehen einher mit abnehmender Anerkennung des überlieferten
christlichen Glaubens. Das bedeutet freilich nicht, daß nachlassender
Besuch des Gottesdienstes generell mit dem Rückgang christlichen Glaubens
gleichgesetzt werden kann. Es sind tendenziell immer weniger, die vom
christlichen Glauben Trost und Beistand in gesellschaftlichen wie
individuellen Konflikten erhoffen. Immer mehr Menschen erwarten
augenscheinlich vom christlichen Glauben immer weniger und schließlich gar
nichts mehr. Weder für die Bewältigung der persönlichen Probleme, Konflikte
und Krisen, noch bei der Lösung gesellschaftlicher Problem- und
Handlungsfelder werden der betreffenden Religion Lösungen oder
Trostvermittlung zugetraut.
12.Politik und Religion: geht das gut?
Christliche Parteien
Politische Parteien und Bürgerbewegungen unterhalten Beziehungen und
Kontakte zu Kirchen und religiösen Einrichtungen. Sie sind bestrebt, dabei
ihre politischen Auffassungen einzubringen. Und natürlich gehören Christen
- Katholiken und Protestanten - allen zur Zeit in Deutschland bestehenden
Parteien an. Manche dieser Parteien verfügen über besondere Ar-beits- bzw.
Interessenkreise für die Christen unter ihren Mitgliedern. Einige Parteien
berufen sich in ihrem Programm bewußt auf christliche Werte und christliche
Ethik. Als solche christlichen Werte werden z. B. Nächstenliebe,
Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung und Solidarität genannt.
Eine solche Partei ist nicht die Partei einer Kirche und nicht die Partei
der Christen im engeren Sinn. Sie ist insofern eine christliche Partei, als
sie erklärt, auf der Basis christlicher Werte Politik zu machen.
Christliche Haltungen zur Politik
Christliche Auffassungen können sich mit sehr unterschiedlichen politischen
Überzeugungen verknüpfen. Christlicher Konservatismus ist ebenso möglich
wie der »religiöse Sozialismus«. Die Verbindung von Politik und Religion
sehen Religionsgemeinschaften wie auch einzelne Christen unterschiedlich.
Manche stimmen einer Verbindung von Religion und Politik generell nicht zu.
Dazu gehören jene, die es ablehnen, sich an der Politik zu beteiligen, wie
z.B. Zeugen Jehovas. Andere verweigern aus Glaubensgründen den Wehrdienst
und sind so konsequente religiöse Pazifisten, wie z.B. Quäker. Kirchen und
Religionsgemeinschaften treffen politische Aussagen, wenn sie sich zu
gesellschaftlichen Themen äußern, z. B. in Enzykliken (päpstlichen
Lehrschreiben), in Hirtenbriefen (kirchlichen Rundschreiben) und in
Denkschriften.
So sagen viele Christen, daß ihr Glaube an Christus den Erlöser sie für die
Schwachen, die Leidenden und Elenden auf unserer Welt eintreten läßt. Ihr
Einsatz für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit sei Ausdruck ihres
Glaubens. In den Kirchen der bisherigen DDR haben sich immer wieder
Christen für diese Ziele eingesetzt. Insbesondere auf Veranstaltungen
während der jährlichen Friedensdekaden im November oder auf Kirchentagen
geschah dies.
Den Abschluß unserer Überlegungen zu diesem wichtigen Problem, das die
Grundsätze menschlichen Zusammenlebens berührt, sollen die Aussagen eines
spanischen Gelehrten, Professor Ivan C. Iban, bilden:
»Ich glaube erstens, daß der Staat die Auswahl der Werte, die er schützen
will, ändern muß. In seinem Bemühen, die Gruppen, die Minderheiten usw. zu
schützen, hat er den Schutz des Wichtigsten vergessen: den Schutz des
einzelnen Menschen. Der einzelne muß geschützt werden, nicht die Gruppe.
Und zweitens meine ich, daß jedes Handeln eines Staatsbürgers, daß niemand
anderem schadet, ein Recht ist.«
Befürwortet wird eine Haltung des Staates, »den neuen und den
traditionellen Religionen denselben Rechtsstatus zu gewähren.«
Ñïèñîê ëèòåðàòóðû:
1.Preißler H.;Bohm G.,Pleßke G.“Religionen unserer Welt“-Militzke
Verlag.,Leizig 1992.
2.Glasenapp,H.v.:“Die fünf großen Religioen.-Düsseldorf:Eugen Diederichs
Verlag,1952ü.ö
3. Ëèíãâîñòðàíîâåä÷åñêèé ñëîâàðü.Ãåðìàíèÿ.
|